Geschrieben von dem Chronisten, der dabei war (KB)
Im Mai dieses Jahres jährt sich die Wiedergründung der DJK zum 60. mal. Genau am 28. Mai 1958 haben sich 26 sportbegeisterte junge Menschen im Pfarrheim von St. Hildegard getroffen und die DJK in St. Ingbert wieder gegründet.
Wie ich in vielen Festschriften schon ausgeführt habe, war die DJK 1938 vom Nazisystem verboten worden und so musste auch die DJK St. Ingbert – gegründet 1923 – ihren Spiel- und Vereinsbetrieb einstellen. Obwohl die Deutsche Jugendkraft (DJK) nach 1946 in der Bundesrepublik wieder zugelassen wurde, war diese im Saarland zunächst weiter verboten und erst nach der Rückgliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik wieder möglich.
Über die rege Sporttätigkeit in der Pfarrjugend von St. Hildegard, besonders ab 1952, wurde ebenfalls ausführlich in den Festschriften berichtet. Entscheidend für die Wiedergründung war anfangs 1958 ein Schreiben des Bistums Speyer eingegangen, wonach am Diözesansportfest in Landau aus versicherungsrechtlichen Gründen nur noch DJK-Vereine teilnehmen dürfen. Nun war guter Rat teuer. Die Fußballer und Leichtathleten aus der Pfarrei St. Hildegard waren enttäuscht, zumal man bei diesen Sportfesten immer sehr erfolgreich abgeschnitten hatte.
Hier war nun vor allem ein Spieler – Josef Westrich – die treibende Kraft. Zusammen mit Norbert Schales und Josef Martini, der dann auch der erste Vorsitzende des Vereins wurde, wurden mit Unterstützung von Herrn Pastor Eckhard Überlegungen angestellt, wie ein DJK-Verein wieder gegründet werden kann. Und als diese in eine gute Richtung liefen, trafen wir uns „en de Kich“ von Westrichs. Dort wurden dann alle Einzelheiten abgestimmt und der Entschluss zur Wiedergründung getroffen. Da von Seiten vom Geistlichen Rat Lauer von St. Josef keine Bereitschaft zur Gründung einer Pfarrei übergreifenden DJK gekommen war, wurde die DJK St. Hildegard genannt und in der bereits erwähnten Gründungsversammlung beschlossen.
Den neuen Verein leiteten JOSEF MARTINI als 1. Vorsitzender, NORBERT SCHALES als Stellvertreter, KLAUS BUSCH als Schriftführer und HERBERT NIKES als Kassierer.
Dies war jetzt viel Formales, aber zum besseren Verständnis für die heutige und folgende Generation notwendig. Dafür in der Folge aber mehr aus dem Alltag der Anfangsjahre mit ihren Tücken, Schwächen und Erfreulichem und wie wir diese gemeistert haben.
Das Spieljahr 1958/59 stand an, doch Trikots in unserer Vereinsfarbe ROT/WEISS hatten wir noch keine. Im Saarland waren die noch sehr teuer. Darum hat Norbert Schales die Trikots in Kaiserslautern beschafft. Wegen der Grenzkontrollen hat er diese nach Schöneberg-Kübelberg (bei Waldmohr, dem Geburtsort von Kaplan Mohrbacher) verbracht. Dorthin sind wir dann mit Fahrrädern gefahren, haben ein Fußballspiel gegen die Pfarrjugend vor Ort ausgetragen und die neuen – nun doch schon verdreckten Trikots in’s Saarland geschmuggelt.
Wir wurden der C-Klasse, Gruppe Blies zugeteilt und die Vorbereitung auf diese Liga-Spiele getroffen. Für uns alle Neuland, da wir nun jedes Wochenende spielen mußten und damit nicht mehr auf zwei unserer besten Spieler – Torwart H.G. Baus und Stürmer Heiner Schales – die zwischenzeitlich beim SV St. Ingbert spielten, zurückgreifen konnten.
Unser erstes Verbandsspiel in der C-Klasse war ein Auswärtsspiel und fand in Niedergailbach statt. Man trennte sich unentschieden 1:1. Erster Torschütze war G. Laude, welcher als einziger Spieler neu zur DJK gewechselt war. Leider fiel dann auch unser Mittelstürmer Hans Schales im Frühjahr 1959 verletzungsbedingt und wegen seines Studiums aus. Wie waren wir froh, als Heiner Schales für die Saison 1959/60 zu uns zurück kehrte und auch Karl Redel und Ewald Heib die Mannschaft verstärkten.
Bei den Auswärtsspielen stellte sich dann schon ein weiteres, viel größeres Problem: wie kommen wir in den Gau? Mit Ausnahme von Norbert Schales hatte keiner einen Führerschein, geschweige denn ein Auto. So wurden die ersten Fahrten mit dem „Hotschkis“ der Fa. Schales und Steinfeld, einem Lastwagen oft ohne Bänke oder Sitzgelegenheit ausgeführt. Ein Lastkraftwagen, zwar mit Sitzgelegenheit, stellte uns auch gelegentlich Fritz Lesch zur Verfügung.
In besonders schlechter Erinnerung ist mir ein Verbandsspiel bei einem Verein im südwestlichen Gau, wo Kaplan Wilhelm von St. Hildegard einer der Fahrer war. Schon während des Spiels ging es sehr ruppig zu, wobei das Publikum sich besonders mit dem Schiedsrichter anlegte. Das Spiel hatten wir mit 3:2 gewonnen und wurden nicht nur „Herz-Jesu-Buben“ beschimpft, sondern es wurde uns der Weg in die Gaststätte verwehrt, wo wir uns umgezogen hatten. Um wieder zu unseren Kleidern zu kommen, mußte Kaplan Wilhelm mit dem Schiedsrichter in die Nachbargemeinde fahren und unter Polizeischutz konnten wir uns umziehen und die Heimfahrt antreten. Noch zu erwähnen ist, dass sonntags jeder Spieler 1,00 DM als Fahrtkostenzuschuss zahlte.
Aber nicht nur die Fahrmöglichkeiten waren mittelalterlich, sondern auch viele Sportanlagen. So spielten wir auswärts auf „Rasenplätzen“, wo morgens noch die Rehe und Kühe grasten oder es waren Sandplätze im Sommer trocken und staubig, bei Regen schwer und matschig. Und erst die Bälle, zweimal so dick wie die heutigen und vor allem waren sie noch „genestelt“ mit Lederriemen. Bekam man beim Kopfball den Ball mit diesem Teil auf den Kopf, lief man noch drei Tage mit einem Strickmuster auf der Stirn herum.
Zu erwähnen sind auch die Umkleidemöglichkeiten; nur mit wenigen Ausnahmen gab es an den Sportplätzen keine Umkleidemöglichkeit. So mussten wir uns meist, auch im dicksten Winter in nicht geheizten Sälen in Gaststätten umziehen und nach dem Spiel am Brunnen im Hof (Erfweiler-Ehlingen) waschen. Hier hatten wir uns im Saal über der Gaststätte umgezogen und als wir zurück kamen, waren unsere Kleider weg, bzw. ganz durcheinander in einer Ecke weggelegt. Auf Frage erklärte der Wirt: „Ei wisse na, mer han heit Kerwedanz on do han ich messe schon enrechte“.
Wir hatten es besser, weil wir unsere Heimspiele bei der Viktoria austrugen, wo schon Umkleidemöglichkeiten mit warmen Duschen vorhanden waren. Nachdem bei der Viktoria der 2. Platz unbespielbar wurde, spielten wir anderthalb Saison auf dem Wallerfeld und mussten uns auch in „Weidmanns Wertschaft“ in der Ensheimer Strasse umziehen und in „Waschbütten“ waschen, aber im Winter mit warmem Wasser. Die Gastmannschaft hatte das gleiche Los, aber in der Gaststätte Syrowatka bzw. beim „Absatzschmitt“. Danach wechselten wir zur Viktoria zurück, bis wir dann 1963 unseren eigenen Sportplatz bekamen. Da erst 1964 das Clubhaus mit Umkleideanlage fertig gestellt wurde, mußten wir das eine Jahr überbrücken mit dem Umziehen und „Waschbüttwaschen“ in der Grubenschenke und der Donauschenke.
Erwähnt werden muß auch die Trainerfrage. Im ersten und größtenteils im 2. Spieljahr hatten wir eigentlich keinen Trainer. Die Mannschaftsaufstellung machten Josef Westrich und Norbert Schales, veröffentlicht im Schaukasten von St. Hildegard. Zeitweise trainierte uns zwar Ernst Pressmann, der Vater von Franz und Peter Pressmann und kurzfristig der Malermeister Lang, der Onkel von unserem späteren Torwart Dieter Lang. Erst im Spieljahr 1960/61 bekamen wir mit Raimund Schales einen spielerfahrenen Trainer.
Zum Schluss noch ein paar „Anekdoten“:
Josef Westrich war nicht nur der Antreiber für die Wiedergründung sondern auch immer auf gute Sportkleidung bedacht. Er hat uns fast schikaniert, so mussten sonntags beim Spiel die „Schuhnestel“ blütend weiß sein und ebenso die Streifen an den Fußballschuhen, die wir mit Zahnpasta „weisseln“ mußten. Das vor allem, als er seinen Wunsch durchsetzen konnte, dass wir wie Real Madrid ganz in weiß spielten. Das erste Spiel in dieser neuen Kleidung fand dann auf dem Wallerfeld statt, wo auch das Bild der „Gründungsmannschaft“ entstanden ist, also rund 1 Jahr später. Es fehlte schon Hansi Schales.
Auch mit einem Schiedsrichter fällt mir eine Kuriosität ein. Wir spielten an Ostern 1959 in Biesingen und führten zur Halbzeit 2:0 und sahen wie der sichere Sieger aus. Doch kurz nach Halbzeit gab der Schiedsrichter B. aus Oberwürzbach 2 unberechtigte Elfmeter und wir verloren noch 2:3. Als unser Spielführer Norbert Schales den Schiedsrichter nach dem Spiel darauf ansprach, bekam er zur Antwort: „Ja wisse na, mei Fraa es aus Biesingen on wann die Biesinger heit falor hätte, hätt ich derfe nemme no Biesinge komme“.
Auch bei dem sehr starken Bestreben nach einem eigenen Sportplatz – zwischenzeitlich hatte Arthur Dengel den Vorsitz übernommen – lief nicht alles reibungslos. Vor der entscheidenden Stadtratssitzung rief mich Arthur kurz vor Dienstschluss an un sagte, du musst sofort nach Contwig fahren und ein Stadtratsmitglied der CDU (Albert Ochs), der als Polier nicht rechtzeitig nach St. Ingbert kommen konnte, abholen. Der wartet schon an der Baustelle auf dich. Seine Anwesenheit war für die Entscheidung äußerst wichtig. Es gab wohl eine CDU-Mehrheit im Stadtrat, doch ein Stadtratsmitglied – der dem SV St. Ingbert sehr nahe stand – hat der Wiedergründung der DJK stark gegen gearbeitet und daher auch den DJK-Sportplatz nicht gewollt. Doch durch dies spontane Fahraktion und die Unterstützung von Reinhold Grell haben wir durch Mehrheitsbeschluss unseren Sportplatz bekommen. Die Chronik schließt mit diesem für den Verein so wichtigen Ereignis und die Folgejahre können in den Festschriften zu den einzelnen Vereinsjubiläen nachgelesen werden.